Veranstaltungsbericht: Social Media Club Frankfurt am Main, 16.6.2015
Was kommt dabei raus, wenn sich Kommunikations- und Social-Media-Experten für einen Abend auf der Feuerwache treffen, um mit Vertretern der Stadt, der Feuerwehr und der Polizei über Social Media zu diskutieren? In diesem Fall waren es jedenfalls drei sehr interessante und unterhaltsame Stunden.
Nicht zuletzt lag das sicher an den Referenten: Wer hier etwas steife Präsentationen mit Bulletpoints und Behördensprech erwartet hatte, wurde schnell eines Besseren belehrt, denn alle Referenten waren mit viel Spaß und Humor bei der Sache (die Polizei sogar mit Prezi!).
Die Stadt Frankfurt – Nicht nur Skyline-Fotos, sondern auch Service für die Bürger
Interessant an der Präsentation der Stadt Frankfurt fand ich die Zahlen: Mit einer halben Stelle werden hier eine Facebookseite und ein Twitterkanal bespielt. Und Daniel Grebe rechnete einmal vor: Für einen einzigen Post zu einem kontroversen Thema (ein anstehender Bürgerentscheid in Frankfurt) kamen am Ende 5-6 Stunden Bearbeitungszeit zusammen: Die Erstellung des Posts, aber vor allem die Moderation der Beiträge.
Auch scheint in diesem Fall Twitter von den Bürgern stark als Servicekanal genutzt zu werden: Hier erreichen die Stadt Anfragen oder Probleme der Bürger – die allgegenwärtigen Probleme mit Parkplätzen beispielsweise oder eine kaputte Ampelanlage.
Ein Monitoring findet übrigens nur zu den üblichen Bürozeiten statt, auch wenn natürlich nicht ausbliebe, dass man doch mal am Wochenende reinschaue.
Die Feuerwehr Frankfurt – Bis 2012 gab es nur Hansi
Hansi war der Kollege, der nebenher die Pressearbeit machte. Und wenn Hansi Urlaub hatte, sprang Walter ein. Hansi ist mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand und die Feuerwehr Frankfurt erfolgreich in den sozialen Medien vertreten. Die Facebook- und Twitterauftritte werden von acht Kollegen betreut – keiner davon ist in Vollzeit für Pressearbeit zuständig und alle sind im Kommunikationsbereich Quereinsteiger. Und auch in anderen Bereichen kann man auf versteckte Talente der Feuerwehrleute zurückgreifen. Markus Röck zeigte einen professionell aussehenden Film über die Arbeit der Feuerwehr und erzählte: „Da gibt’s Kollegen, die machen das als Hobby. Und die bieten uns das an und als Beamter fragt man sich dann erstmal: Darf ich das jetzt überhaupt annehmen?“ Jeder, der mal im öffentlichen Dienst gearbeitet hat, wird an dieser Stelle wissend lachen.
Natürlich sei die Social Media-Arbeit auch ein tolles Instrument zur Nachwuchs- und Talentgewinnung, denn so könne man die Arbeit mal in allen Aspekten darstellen. Nicht zuletzt Aktionen wie #24h112, wo 24 Stunden lang alle Feuerwehreinsätze getwittert wurden, zeigten ja, dass Feuerwehrleute weitaus mehr machen als nur Wasser auf Brände zu spritzen. Auch alkoholisierte Personen in Blumenkästen gehören manchmal dazu. https://twitter.com/feuerwehrffm/status/581487235444400128
Auch interessant: Die „Notfalltauglichkeit“ von Twitter: Schnell und direkt könne man hier sehr viele Menschen erreichen.
Außerdem gebe es Konzepte, um Spontanhelfer einzubinden, z.B. durch separate Facebookgruppen o.Ä., um einen direkten und ungestörten Kontakt herzustellen. Allerdings hinge dies sehr von der Ausdehnung der Lage ab: Wenn die angrenzenden Kreise ebenfalls betroffen wären und nicht nur die Stadt Frankfurt, sei dies nicht mehr gewährleistet, da man nicht überall gleich offen für diese Themen sei.
Aber schön zu sehen, dass sich hier Frankfurt hier bereits ohne Scheu und angenehm pragmatisch mit aktuellen Fragen auseinandersetzt.
Die Polizei Frankfurt – nicht nur Blockupy
Den meisten war bereits die sehr engagierte Social Media-Arbeit der Polizei Frankfurt bekannt, spätestens seit den Blockupy-Protesten im März 2015. Zwei Jahre davor hatte es schon einmal teils gewalttätige Demonstrationen gegeben, die sich auch in den sozialen Netzwerken abbildete. Doch die Polizei war dort nicht präsent: Es wurde nur ÜBER sie gesprochen, sie selbst war nicht ansprechbar. Genau das wurde im Nachgang kritisiert und man sieht auf den ersten Blick: Es hat sich einiges geändert in diesen zwei Jahren. Nicht zuletzt während der diesjährigen Proteste konnte man sehen, dass die Polizei dort sehr präsent und auch aktiv war. Interessant übrigens auch hier die Zahlen: Betreut werden die Kanäle von zwei Polizisten, die quasi „von der Straße weg“ rekrutiert wurden. Ein Monitoring findet tatsächlich an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr statt – zu den normalen Bürozeiten auch mit Unterstützung. Die Erklärung für dieses Engagement: „Wir sind die Polizei, die Leute sind von uns gewöhnt, dass wir da sind.“ Was das dann während einer Lage bedeutet, wurde ebenfalls am Beispiel von Blockupy erklärt: „Bei Blockupy lief der Stream nur so runter, mit etwas Glück konnte man mal draufklicken. Aber wir haben auf alle Anfragen reagiert“, – und sei es auch nur das Setzen eines Fave-Sternchens, um zu zeigen, dass man den Post gelesen habe. Und damit auch alles authentisch bleibt, lassen die beiden Posts, die sich an Jugendliche richten, auch von Leuten der entsprechenden Altersklasse gegenchecken. Läuft bei denen…
Wenn hier Ausblicke gewagt werden, gehen diese in die Richtung neuer Informationskanäle: Lässt sich zum Beispiel Whatsapp zur Verbreitung aktueller Meldungen nutzen? Ließe sich der Hashtag #ffm360 etablieren, um alle Meldungen öffentlicher Stellen in Frankfurt zu bündeln?
Und nicht zuletzt hatten die Referenten alle das in Deutschland so altbekannte Du/Sie-Problem: Darf man das in den sozialen Netzwerken geläufige Du in einem Vortrag so einfach übernehmen oder bleibt man lieber beim Sie…? 😉
Das tut diesem spannenden Abend allerdings keinen Abbruch – es sei jedem empfohlen, sich die Vorträge in voller Länge anzuschauen:
Stadt Frankfurt: https://www.youtube.com/watch?v=lkAs1RTwraY
Feuerwehr: https://www.youtube.com/watch?v=ieU6TVCjAcU